Lesetipp:

Raus nach Tegel mit Kind und Kegel

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Bis ins spä­te­re 19. Jahr­hun­dert lagen Tegel und umlie­gen­de Ort­schaf­ten wie Hei­li­gen­see, Tegel­ort und Schul­zen­dorf fern­ab von Ber­lin und waren nur über eine san­di­ge Land­stra­ße zu Fuß oder bes­ten­falls per Pfer­de­ge­spann zu errei­chen. Mit der fort­schrei­ten­den Indus­tria­li­sie­rung wuchs die Reichs­hauptstadt auch nach Nor­den auf Tegel zu; es ent­stan­den neue Verkehrs­bedürfnisse und Verkehrswege.

Raus nach Tegel mit Kind und KegelRein­hard Arf schlägt in sei­nem Arti­kel einen wei­ten ver­kehrs­ge­schicht­li­chen Bogen von der ers­ten, 1881 eröff­ne­ten Pfer­de­bahn nach Alt-Tegel über die Inbe­trieb­nah­me der alten Krem­me­ner Bahn (heu­ti­ge S-Bahn-Stre­­cke), über die viel­fäl­ti­gen Stra­ßen­bahn­ver­bin­dun­gen (dar­un­ter die Stra­ßen­bahn der Gemein­de Hei­li­gen­see) bis zum Bau der U-Bahn-Stre­­cke nach Alt-Tegel, deren Eröff­nung vor 50 Jah­ren zugleich das Aus für den Tege­ler Stra­ßen­bahn­ver­kehr bedeu­te­te. Der Autor zeigt viel­fäl­ti­ge Zusam­men­hän­ge und Wech­sel­be­zie­hun­gen zwi­schen Indus­trie­ent­wick­lung, Bevöl­ke­rungs­zu­wachs und dem Aus­bau der Ver­kehrs­we­ge im Ber­li­ner Nor­den auf.

Raus nach Tegel mit Kind und KegelDar­über hin­aus schil­dert Arf auch akri­bisch recher­chiert und detail­liert ein beson­de­res Kapi­tel des Ber­li­ner Stra­ßen­bahn­ver­kehrs: Er beschreibt Stre­­cken- und Lini­en­ent­wick­lung, Fahr­zeug­ein­sät­ze und lässt den vor 50 Jah­ren ein­ge­stell­ten Stra­ßen­bahn­ver­kehr im Ber­li­ner Nor­den noch ein­mal in Wort und Bild leben­dig wer­den. Da rol­len und bim­meln sie wie­der durch die Scharn­­we­­ber- und die Ber­li­ner Stra­ße und durch den Tege­ler Forst: die tra­di­tio­nel­len Tege­ler Lini­en wie die 28 und die 29 – mit Berufs­pend­lern zu Borsig oder zum Tege­ler Hafen, mit Aus­flüg­lern zum Tege­ler See und nach Tegel­ort. Wie es schließ­lich dazu kam, dass rela­tiv früh­zei­tig die U-Bahn bis „janz weit drau­ßen“ ver­län­gert wur­de, wel­che ver­kehrs­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen dem vor­aus­gin­gen und wie sich Stre­cken­bau, Fahr­zeug­ein­satz und Lini­en­struk­tur gestal­te­ten – auch das schil­dert Arf anschau­lich und kenntnisreich.

Beim Nord­ber­li­ner wird die­ser Arti­kel mit dem leben­di­gen Stück Lokal­ge­schich­te Erin­ne­run­gen aus­lö­sen und Hei­mat­ge­fühl pro­vo­zie­ren. Aber auch jeder ande­re ver­kehrs­his­to­risch Inter­es­sier­te fin­det viel­sei­ti­ge Infor­ma­tio­nen über ein wich­ti­ges Kapi­tel der Ber­li­ner Indus­­trie- und Verkehrsgeschichte.

 

Rein­hard Arf:
700 Jah­re Hei­li­gen­see – 127 Jah­re Ver­kehrs­ge­schich­te – 50 Jah­re U-Bahn nach Tegel

In: „Ver­kehrs­ge­schicht­li­che Blät­ter“ 4/​​2008, S. 90-105

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