Lesetipp:

Großer Ring mit Zusatzschleife

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Großer Ring mit Zusatzschleife

Der „Gro­ße Ring“ der Ber­li­ner Stra­ßen­bahn wur­de jahr­zehn­te­lang von der Linie 3 befah­ren. Aller­dings nie mit „Außen­schlei­fe“. Die war eine Erfin­dung von Heinz Oskar Wut­tig, der das Dreh­buch für den Film „Gro­ßer Ring mit Außen­schlei­fe“ geschrie­ben hat­te; die Geschich­te wur­de 1965 vom Süd­west­rund­funk (SWF) für das Fern­se­hen ver­filmt und am 29. Janu­ar 1966 im ARD-Pro­­gramm aus­ge­strahlt. Es war ein volks­tüm­li­cher Unter­hal­tungs­film, des­sen Hand­lung für Leser der „Ver­kehrs­ge­schicht­li­chen Blät­ter“ nur am Ran­de von Inter­es­se sein dürf­te. Doch die Dreh­ar­bei­ten im dama­li­gen West-Ber­­lin, die dabei ein­ge­setz­ten Fahr­zeu­ge, die Dreh­or­te – das alles ist schon ein außer­ge­wöhn­li­ches, teil­wei­se gera­de­zu skur­ri­les Stück Ber­li­ner Straßenbahngeschichte.

Großer Ring mit Zusatzschleife

Hans Schnoor hat in den Archi­ven des SWR recher­chiert, hat im BVG-Archiv gestö­bert, hat Dreh­or­te des Films auf­ge­sucht und hat eine gan­ze Rei­he inter­es­san­ter Fak­ten und Bil­der gefun­den und das zu einem flüs­sig geschrie­be­nen, reich illus­trierten Bei­trag ver­ar­bei­tet. Der Arti­kel wider­spiegelt einen beson­de­ren Abschnitt der Ber­li­ner Stra­ßen­bahn­ge­schich­te: Wäh­rend die Ein­stel­lung des Stra­ßen­bahn­be­trie­bes in West-Ber­­lin längst beschlos­se­ne Sache war, gau­kel­te der Film noch eine hei­le Straßen­bahnwelt vor. Mit Haupt­dar­stel­ler Gus­tav Knuth als Fah­rer Franz Lehm­huhn an der Kur­bel roll­te der für die Film­auf­nah­men noch ein­mal auf­ge­rüs­te­te T 24/​​55 (5871) mit einem B 25 (545) über Stre­cken, die viel­fach fahr­plan­mä­ßig schon gar nicht mehr befah­ren wur­den – zwei­fel­los ein Vor­teil für die Dreh­ar­bei­ten. Da die Film­leu­te damals vor­ran­gig ihre etwas rühr­se­li­ge Fami­li­en­ge­schich­te im Blick hat­ten, kann man die vor­ge­führ­te Stre­cken­füh­rung vom „Gro­ßen Ring“ nicht als Doku­men­ta­ti­on ver­ste­hen. Schnoor hat etli­che Sze­nen und Sen­ten­zen gefun­den, wo die Film­leu­te die Stra­ßen­bahn­wirk­lich­keit für ihre Zwe­cke „ver­bo­gen“ hat­ten. Inso­fern hat der Bei­trag – unab­hän­gig von der Film­hand­lung – einen eige­nen Unter­hal­tungs­wert. Der Film hat­te schließ­lich sein Hap­py­end, die (West-)Berliner Stra­ßen­bahn­ge­schich­te aller­dings nicht.

Großer Ring mit Zusatzschleife

Hans Schnoor:
Fern­se­hen und Film­kunst machen es möglich:
Stra­ßen­bahn­li­nie 3 fährt zum Bahn­hof Zoo
In: „Ver­kehrs­ge­schicht­li­che Blät­ter“, Heft 4/​​2018, S. 90 – 99

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