Wir über uns

Im Som­mer 1963 fand sich ein Grüpp­chen Ost-Ber­­li­­ner Eisen­bahn­freun­de zusam­men, deren gemein­sa­mes Inter­es­se den Neben- und Schmal­spur­bah­nen galt. Als orga­ni­sa­to­ri­sches Dach wur­de der „Deut­sche Model­l­ei­­sen­­bahn-Ver­­­band der DDR“ (DMV) gefun­den, dem die­se Inter­essen­gemein­schaft als­bald als Arbeits­gemein­schaft (AG) 1/​​11 „Verkehrs­geschichte“ ange­hör­te. Da sich im Lau­fe der Zeit wei­te­re Verkehrs­freunde der AG anschlos­sen, wur­de aus dem Grüpp­chen eine Grup­pe mit einem Inter­essen­spektrum, das über das der Grün­dungs­vä­ter bald weit hin­aus­ging. So wur­de der ers­te his­to­ri­sche Stra­ßen­bahn­wa­gen in Ost-Ber­­lin auf Initia­ti­ve und mit Hil­fe von Mit­glie­dern der AG 1/​​11 restauriert.

Je grö­ßer eine Grup­pe, des­to schwie­ri­ger die Kom­mu­ni­ka­ti­on. Des­halb wur­de seit Anfang der 70er Jah­re ein AG-inter­­nes Mit­tei­lungs­blatt erstellt, das mit den dama­li­gen Mög­lich­kei­ten ver­viel­fäl­tigt wur­de (Wachs­ma­tri­zen, Ormig), zunächst unre­gel­mä­ßig erschien und vor­wie­gend „ver­eins­in­ter­ne“ Nach­rich­ten ent­hielt. Inzwi­schen hat­ten aber eini­ge AG-Mit­­glie­­der begon­nen, die Ergeb­nis­se ihrer in Archi­ven und Biblio­the­ken vor­ge­nom­me­nen Recher­chen schrift­lich nie­der­zu­le­gen. Aber wie und wo ande­ren zugäng­lich machen? Also wur­de das Mit­tei­lungs­blatt dazu genutzt, das seit 1974 regel­mä­ßig erschien. Das war die Geburts­stun­de der „Ver­kehrs­ge­schicht­li­chen Blät­ter“. Dabei muss­ten damals die „Spiel­re­geln“ in der DDR beach­tet wer­den. Nicht geneh­mig­te Publi­ka­tio­nen fürch­te­te das Sys­tem wie der Teu­fel das Weih­was­ser. Aber es gab einen klei­nen Trick. Wur­de ver­viel­fäl­tig­tes Mate­ri­al nicht in der Öffent­lich­keit ver­trie­ben und unmit­tel­bar nur einem bestimm­ten Kreis zugäng­lich gemacht, konn­te es mit der Auf­schrift „Nur zum Gebrauch inner­halb …“ ver­se­hen wer­den, und alles hat­te sei­ne Ord­nung, solan­ge man nicht gegen „die Ord­nung“ publi­zier­te. So erschie­nen die ers­ten Aus­ga­ben der vb mit der Auf­schrift „Nur zum Gebrauch inner­halb der Arbeits­ge­mein­schaft 1/​​11 bestimmt“ bzw. „… des DMV …“.

Inner­halb des DMV hat­te sich inzwi­schen her­um­ge­spro­chen, dass da eini­ge Ber­li­ner Lesens­wer­tes zustan­de brach­ten. Der Bedarf wur­de grö­ßer. Ormig-Matri­­zen haben – wer jemals damit gear­bei­tet hat, kann es bestä­ti­gen – meh­re­re Nach­tei­le: Das Arbei­ten mit ihnen ist eine „Schwei­ne­rei“, und die Anzahl der Kopien ist begrenzt. Hier konn­te nur „Vit­amin B(eziehungen)“ wei­ter­hel­fen. Um etwas dru­cken zu las­sen, muss­te man von den zustän­di­gen „staat­li­chen Orga­nen“ eine Geneh­mi­gung erhal­ten, die als „Papier­frei­ga­be“ kaschiert war. Und es gelang, beim Magis­trat von Ber­lin, Haupt­stadt der DDR, die­se Papier­frei­ga­be zu erhal­ten. Damit lavier­ten auch die damals zustän­di­gen Mit­ar­bei­ter des Magis­trats am Ran­de der Lega­li­tät, denn Geneh­mi­gun­gen für Zeit­schrif­ten durf­te der Magis­trat nicht ertei­len, son­dern nur für ape­ri­odi­sche Schrif­ten. Zeit­schrif­ten­li­zen­zen erteil­te aus­schließ­lich das „Pres­se­amt beim Vor­sit­zen­den des Minis­ter­rats der DDR“.
Also erschie­nen die „Ver­kehrs­ge­schicht­li­chen Blät­ter“ ape­ri­odisch (sie­­ben- bis acht­mal jähr­lich), die Jahr­­gangs- und Heft­num­mer durf­te nicht auf dem Umschlag erschei­nen, dafür aber wei­ter­hin der Ver­merk „Nur zum Gebrauch inner­halb des DMV bestimmt!“ Das ers­te Heft im Klein­off­set­druck erschien 1978. Die Druck­vor­la­gen wur­den mit der Schreib­ma­schi­ne auf Spal­ten­brei­te geschrie­ben, dann das Gan­ze aus­ein­an­der­ge­schnit­ten und auf A3-Bögen zusam­men­ge­klebt, wobei der Platz für die Bil­der frei­ge­las­sen wur­de. Die­se A3-Bögen gin­gen dann zusam­men mit den Bil­dern in die Dru­cke­rei, die die wei­te­re Bear­bei­tung übernahm.

Soll­ten Kar­ten­skiz­zen ver­öf­fent­li­chen wer­den – beim The­ma Ver­kehr kam dies natür­lich häu­fig vor – muss­te dazu für jede Skiz­ze eine Geneh­mi­gung beim „Minis­te­ri­um des Innern, Verwal­tung Ver­­­mes­­­sungs- und Karten­wesen, Geo­­­dä­­tisch-Kar­­to­­­gra­­phi­­­sche Inspek­ti­on, Inspektions­bereich Pots­dam“ ein­ge­holt wer­den. Zur Ehren­­rettung der Insti­tution mit dem lan­gen Namen sei gesagt, dass die­se Geneh­­mi­gungen in den meis­ten Fäl­len anstands­los erteilt wurden.

Die begehr­te LizenzSo ging es recht und schlecht die nächs­ten zehn Jah­re, und man­ches Heft wird wohl trotz des Ver­merks „Nur zum …“ in den Wes­ten gelangt sein. Mit­te der 80er Jah­re setz­ten dann umfang­rei­che Spar­maß­nahmen in der DDR ein. Meh­rere Zeit­schrif­ten wur­den ein­ge­stellt oder mit ande­ren „fusio­niert“. Auch die vb waren akut gefähr­det. Und wie­der half „Vit­amin B“. Mit Hil­fe der Redak­teu­re des „Modell­ei­sen­bah­ner“ gelang es 1984, eine Lizenz des oben erwähn­ten Pres­se­am­tes zu erhal­ten und in das „Pres­se­ver­zeich­nis der DDR“ auf­ge­nom­men zu wer­den. Damit war das Erschei­nen der „Ver­kehrs­ge­schicht­li­chen Blät­ter“ mit jähr­lich sechs Aus­ga­ben zu 24 Sei­ten gewähr­leis­tet; pünkt­lich aller­dings nur dann, wenn die Dru­cke­rei gera­de kei­ne „wich­ti­ge Par­­tei- oder Gewerk­schafts­li­te­ra­tur“ zu dru­cken hat­te. Es durf­te nun sogar in das NSW („Nicht­so­zia­lis­ti­sches Wäh­rungs­gebiet“) expor­tiert wer­den, wobei an den beschei­de­nen West­geld­erlösen weder der DMV noch die Redak­ti­on betei­ligt waren.

Erstaun­lich war und ist, dass direk­te Ein­grif­fe in die redak­tio­nel­le Arbeit und die Gestal­tung der Zeit­schrift zu kei­nem Zeit­punkt erfolg­ten. Aller­dings muss­ten Autoren und Redak­teu­re natür­lich immer die „Sche­re im Kopf“ haben, damit wegen uner­wünsch­ter The­men und Bei­trä­ge nicht die „Papier­frei­ga­be“ in Fra­ge stand. Was ist schon eine Zeit­schrift ohne Papier?!

Ende der LizenzMit der Wen­de kamen neue Mög­lich­kei­ten – und Gefahren.
Manch „wohl­mei­nen­der Wes­si“ pro­phe­zei­te das bal­di­ge „Aus“. Die unei­gen­nüt­zi­ge Arbeit schien nicht recht in die ver­än­der­te Land­schaft zu pas­sen, in der Finan­zie­rung und Wirt­schaft­lich­keit hohen Stel­len­wert haben und die Fra­ge, „ob es sich rech­net“, scharf gestellt wird. Doch die Grup­pe von ca. 15 Leu­ten, die als Autoren und Redak­teu­re schon lan­ge den vb ver­bun­den waren, blieb im Kern zusam­men und grün­de­te Ende 1990 den Ver­ein „Ver­kehrs­geschicht­liche Blät­ter e.V.“. Damit wur­den auch die Kon­se­quenzen aus den neu­en recht­lichen Gegeben­heiten gezogen.

Spar­sa­me Wirt­schafts­führung ermög­lich­te trotz des Geld­umtausches 2:1 die Anschaf­fung moder­ner Tech­nik (sprich: Com­pu­ter). Seit 1992 haben die vb ein gefäl­li­ge­res Aus­se­hen bekom­men und die Prei­se nur gering­fü­gig ange­ho­ben. Mög­lich wur­de der Erhalt der „Verkehrs­ge­schicht­lichen Blät­ter“ über die schwie­rige Pha­se der Nach-Wen­­de-Zeit, in der man­che der „alten“ Abon­nen­ten den Bezug der Zeit­schrift aus den ver­schie­densten Grün­den auf­gaben, aber auch vie­le neue Abon­nen­ten gewon­nen wer­den konn­ten, durch den Ein­satz der Vereins­mitglieder – sei es als Autor, Redak­teur oder Ver­käufer, die alle ehren­amtlich arbei­ten. Unser beson­de­rer Dank gilt den Autoren, die nicht dem Ver­ein ange­hö­ren, aber ihre Bei­trä­ge ohne Honorar­forderung zur Ver­öf­fent­li­chung bereit­stel­len und damit zur Viel­falt der Zeit­schrift wesent­lich beitragen.